Bootsbau: 16 geniale Bootsbau-Lösungen, die nur noch selten zu finden sind | YACHT

2022-12-08 12:32:04 By : Ms. Eileen Bai

Früher war nicht alles besser – aber das eine oder andere. Was sich an guten Lösungen an Bord wiederzuentdecken lohnt, oder auch: Her mit der Zitrone!

Es gibt sie noch, die guten Dinge – das Motto des Edel-Versenders Manufactum aus dem kleinen nordrhein-westfälischen Waltrop trifft auch weltweit auf die Ausstattung von Yachten zu. Nur: Die guten ebenso wie die sinnvollen, praktischen Teile, Ausrüstungsgegenstände und Komponenten werden werftseitig immer weniger genutzt, weg­rationalisiert oder geraten schlichtweg in Vergessenheit.

Beispiel Decksprisma: Der in edles Metall eingefasste Glaskörper (s. Foto unten) schaufelt Licht unter Deck ohne Strom, ohne Öffnungen. Genauso wie die obendrein ästhetisch hochrangige Zitrone. Findet man beides noch im Katalog des Hamburger Traditions-Ausrüsters Toplicht wie an Bord vieler Klassiker. Aber warum nicht in den Decks moderner Yachten?

Oder nehmen wir stellvertretend ein Teil aus dem Segment Decksbeschläge: die gute alte Lochleiste, gefertigt aus Aluminium. Tausenden Booten war sie Fußreling, Teil der Deck-Rumpf-Verbindung und multiple Befestigungshilfe für Snatchblöcke der Genua-Außenschot, der Achter- oder Barberholer sowie geeignet zum niedrigen Anbändseln der Fender oder zur Aufnahme von Springklampen. Ein wahrer Tausendsassa sozusagen. Erst ersetzt durch (zugegebenermaßen optisch harmonischere) Leisten aus einem geschlossenen Aluminiumprofil, dann durch ein höhergezogenes Freibord komplett wegevolutioniert. Ergo: Wer heute eine Außenschot riggen will (was durch die beliebter werdenden Selbstwendefocks immer häufiger nötig ist), muss erst Padeyes nachrüsten. Um Barberholer für Code Zero oder Gennaker umzulenken, mag eine eventuelle Springklampe herhalten, ein unschönes Provisorium, das zudem scheitert, wenn es keine Springklampen gibt (die wiederum meist ein Extra in der Optionenliste geworden sind).

Noch ein Beispiel? Schwalbennester, jene kleinen Staufächer im Cockpitsüll, idealerweise mit hübsch holzumrandeten Öffnungen und Schlingerleisten ausgestattet, die Kurbeln, Zeisinge, Trinkflaschen und Ähnliches aufnehmen, was das Cockpit ordentlich und die Teile griffbereit hält. Weg, perdu, gibt es nicht mehr, obwohl der Platz allemal vorhanden ist.

Egal ob Decksprisma, Lochleiste oder Schwalbennest: Sparen durch Weglassen ist offensichtlich angesichts der schieren Masse der Teile für die Großserien-Werften eine der effektivsten Methoden. Immerhin entfällt das Bauteil selbst, sämt­liche damit verbundene Konstruktions­planung, Fertigung oder Transport- und Lagerlogistik sowie der Einbau und etwaige Mängelbeseitigung. Oder auch: Was nicht an Bord soll, muss auch nicht besorgt, vorgehalten und eingebaut werden.

Das funktioniert bis hin zu gewissen Grenzen – und die scheinen oft bereits überschritten: Der fehlende oder zu kurz geratene Handlauf, der nicht vorhandene Griffbügel an der Steuersäule, weggelassene Schlingerleisten in Schapps, wegrationalisierte Leesegel mögen dem Besucher auf Bootsausstellungen oder im Showroom nicht weiter auffallen, bei Wind und Welle wird das anders aussehen, und dann tut es manchmal vielleicht sogar weh.

Ergo sollte der Eigner beim Kauf auf diese Dinge achten oder sie bei Bedarf nachrüsten. Denn das ist das Gute: Die Mehrzahl der vergessenen oder bewusst weggelassenen guten Dinge lässt sich meist mit vertretbarem Aufwand wieder an Bord holen, wie beispielsweise vom Decksprisma bis hin zur Seewasserpumpe in der Pantry.

Das Thema lässt sich ohnehin positiv betrachten: Denn moderne Boote haben auch ohne die erwähnten Reminiszenzen per se schon mal große Vorzüge. Von den breiten Hecks für viel Interieur-Volumen über Badeplattformen bis zu hohem Geschwindigkeitspotenzial. Von bedienerfreundlichen Riggs ohne Backstagen mit kleinen Vorsegeln bis zu profilhaltigen Tüchern mit effektiven Profilen. Von moderner Navigationselektronik bis zu AIS und Radar.

Diese Errungenschaften heutiger Zeiten lassen sich hervorragend mit dem Besten aus vergangenen Epochen nach individuellen Vorlieben in einem existenten aktuellen Boot nachrüsten.

Lösungen, die nur noch selten zu finden sind

Die Lotsenkoje gibt es fast nur noch als maritime Bezeichnung für küstennahe touristische Unterkünfte. Einst für den mitreisenden Lotsen gedacht, der schnell zur Stelle sein musste, waren die Kojen in der Navigation oder im Salon oberhalb der Sitzgruppe platziert. Mit Leesegeln ausgestattet und in der Schiffsmitte gelegen, stellten sie ideale Seekojen dar. Platzbedingt lassen sie sich vernünftigerweise nur auf größeren Yachten realisieren und kosten selbst dort Stauraum. Ebenfalls immer weniger zu sehen: Salon­sofas, die als vollwertige Kojen taugen. Selbst wenn sie lang genug sind, fehlt es an komfortabler Breite. Dem begegnete man mit hochklappbaren Rückenlehnen, hinter denen am Tag das Bettzeug gestaut werden konnte.

Einst gang und gäbe, heute jedoch zumindest auf Groß­serienbooten kaum noch zu sehen sind Pumpen in der Pantry, mit denen sich Seewasser zapfen lässt. Sie sind meist manuell ausgeführt, können aber auch elektrifiziert sein. Mit dem Seewasser kann man abwaschen, Gemüse vorspülen und Kochwasser für Nudeln und Kartoffeln teilweise ersetzen. Das spart reichlich Süßwasser aus dem Tank und ist somit besonders auf der Langfahrt willkommen, wo das Wasser fern von der Küste auch eine bessere Qualität hat. So ein System lässt sich mit wenig Aufwand nachrüsten. Wenn man einen unter der Wasserlinie liegenden vorhandenen Ablauf auch als Ansaugstelle nutzt, sind die Installationen schnell erledigt und beschränken sich auf wenige Teile wie Anschlussstücke, Schlauch, Fuß- oder Handpumpe und einen Wasserhahn.

Sie verhindern, dass bei Lage Geschirr und anderes Material vom Tisch rutscht, aber sie nerven, wenn sie nicht benötigt werden, beim Säubern der Tischfläche oder beim Aufstützen der Arme. Daher gab es abnehmbare Schlingerleisten. Eine Alternative sind Tische, die sich von einem Hafen- in einen Seemodus umklappen lassen (Foto). Aufgeklappt ist der Tisch für den Hafen groß und leistenfrei. Kleiner geklappt kommen die Leisten der Unterseite zum Einsatz.

Da kaum noch über Nacht gesegelt werde, seien Leesegel überflüssig, argumentieren einige Werften und verzichten auf die Ausstattung. Das sei dahingestellt. Die Tücher sichern den Schläfer bei Lage und Welle in der Koje, und sie separieren breite Kojen (Foto), was auf See hochwillkommen ist, auch schon mal tags. Leesegel lassen sich einfach nachrüsten, die Befestigung an der Decke auch.

Der Materialraum hinter dem Ankerkasten nimmt Leinen, Ausrüstung und vor allem Segel auf. Er stammt aus einer Zeit, als es an Bord diverse Vorsegel gab, die je nach Windstärke und -einfallswinkel gewechselt wurden, und konnte das gesamte Vorschiff einnehmen. Heute langt eine kleinere Kammer für Code Zero und Gennaker, die sich dann komfortabel direkt aus der Segellast setzen lassen. Nicht nachrüstbar, aber wer beim Kauf oder gar Einzelbau die Wahl hat, ist damit gut beraten.

Die sind keinesfalls Standard, werden aber angesichts in der Breite wachsender Boote immer wichtiger an wie unter Deck und genauso wie Fußstützen und Festhaltemöglichkeiten an den Steuersäulen. Lässt sich alles nachrüsten.

Unter einer Klappe in einem Bodenbrett ist ein Flansch mit einem Rezess gefräst, in dem eine kleine Plastikwanne aufliegt. In die fegt man Staub und Krümel. Das fand sich eine Zeit lang auf Serienyachten und verschwand dann wieder ebenso wie kleine Weinkeller in der Bilge. Warum nur?

Das Gestänge aus rostfreiem Stahl ragt weit über den Steven nach vorn, so kann man sich beim Besteigen des Bootes gut an Deck ziehen und hat Halt. Sieht man immer weniger. Moderne Bugkörbe sind komplett zweigeteilt und zurückgesetzt, was Material spart und durchaus cool aussieht. Aber in Verbindung mit senkrechten Steven und daraus resultierenden weit nach vorn ragenden Ankergalgen ergibt sich ein Problem: Wie einfach an Bord kommen, wo sich festhalten? Die Lösung ist ein begehbarer Bugspriet oder eine Bugplattform mit Leiter und das daran angeschlagene Spifall zum Festhalten. Aufwändige Lösungen, die nur teils werftseitig überhaupt angeboten werden. Ergo: Anlegen mit dem Heck zum Steg kommt auch in Nordeuropa immer mehr in Mode. Aber will man das müssen?

Der Wunsch nach großvolumigen Interieurs und der Wille der Werften, diesem zu folgen, führt zu breiten, hohen Rümpfen, und die Aufbauten wachsen mit – zu Lasten der Laufdecks, die an komfortabler Breite einbüßen. Obendrein sind meist die außen angeschlagenen Ober- und Unterwanten im Weg. Beides macht die Laufdecks schlechter begehbar – ein klassischer Kompromiss, der sich am existenten Schiff nicht auflösen lässt. Prädikat: hinnehmbar.

Wenn schon keine dezidierte Segellast (s. oben), dann doch gern ein großes Vorluk weit vorn und ebenso gern als Ergänzung zum zweiten Vorluk weiter achtern. Eine Maßnahme, die man kaum noch findet. Die Vorteile: Blick in den Sternenhimmel aus beiden Schlafpositionen mit dem Kopf nach vorn oder nach achtern, mehr Luft im Schiff, und vor allem lassen sich Segel durch das große Vorluk besser an Deck wuchten oder direkt setzen. Ein zweites Vorluk ist natürlich nachrüstbar, je nach der Beschlagssituation an Deck, wo beispielsweise ein Kutterstag im Weg sein könnte.

Das eine oder andere Einsteigerboot von Großserienwerften, beispielsweise Hanses 315 oder die Oceanis 30.1 von Beneteau, sowie auch größere Boote wie die Faurby 370 werden schon noch mit Pinne angeboten, und das ist dann sogar günstiger, aber der Markt ruft nach Rädern. Das scheint den meisten Kunden schiffiger, auch wenn die Steuerung anfälliger, indirekter und wartungsintensiver ist. Dabei ist die Pinne auch auf größeren Booten problemlos möglich, wie auf einem 60 Fuß großen Imoca (Foto). Der nachträgliche Umbau ist sehr aufwändig, aber möglich.

Der unter Deck in den Achterkabinen meist nicht benötigte Raum in den oftmals hohen, tiefen und zuweilen auch langen Cockpitsülls wurde früher gern für sogenannte Schwalbennester genutzt. Die sind heute weitgehend wegrationalisiert. Die Fächer nehmen überschüssiges Schotenmaterial auf, aber auch Kurbeln und andere Teile bis hin zu persönlichen Dingen, die sonst anderweitig gelagert werden müssen oder im Cockpit umherfliegen. Gut gebaute Schwalbennester verfügen über Drainagen (s. Foto) und eventuell über Schlingerleisten. Die kleinen Staukästen sind auf den Booten gehobener Werften meist ebenso wie Schapps für die Fallen noch zu finden, und sie lassen sich auch recht einfach nachrüsten. Der Zubehörmarkt bietet verschiedene GFK-Kästen an, die in Ausschnitten in den Cockpitsülls verklebt werden.

Klar, auf der Bootsausstellung fällt es erst mal nicht auf, aber nach der ersten übergekommenen Welle oder einem ausgewachsenen Regenguss: Wer auf dem schieren Deck sitzt, hockt dann mit dem Hintern im Nassen, in einer Pfütze gar. Schön sind Grätings, streifen- oder gitterförmig angeordnete Holzleisten, die etwas Distanz zum Schiff schaffen. Sie sind auf den Duchten sinnvoll, aber auch achtern, wo der Rudergänger sitzt, sei es im Cockpit oder oben auf dem Süll, wo Wasser ebenfalls möglichst ungehindert ablaufen sollte. Und ein Gräting unten im Cockpit hält den Fußboden optisch sauber, auch wenn der Dreck sich darunter sammelt. Lässt sich alles nachrüsten, auch in Eigenregie.

Sie nimmt Blöcke für die Außenschot auf, Springklampen und Fender, dennoch: Die gute alte Lochleiste ist Geschichte im Serienbau. Und hübsch war sie ja auch nie wirklich. Für die Umlenkungen von Schoten kommen nun elegantere Padeyes zum Einsatz.

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